Susanne Immer

- Objekte + Bilder -

06.02.-09.03.2003


Susanne Immer studierte unter anderem bei Ben Willikens und Christiane Möbus und fotografierte während ihres Studiums eine Zeit lang sehr intensiv Fabrikhallen, Hafenanlagen und ähnliches in großen Serien. Dabei interessierte sie nicht die Totale sondern der prägnante Ausschnitt, der aber eindeutig auf das Ganze verweist.

Und wie bei den Serien von Fotografien entstanden dann folgend Serien von Zeichnungen, in denen gestische und grafische Elemente in immer wiederkehrender Art und Weise den Bildraum so überstiegen, daß sie auf ein größeres Ganzes verwiesen ohne tatsächlich Ausschnitte zu sein.

Ihre Arbeit setzt sich grundsätzlich mit Wirklichkeiterfahrungen auseinander, auch wenn sie zunächst sehr formal motiviert erscheint.

Daß die Abbildung von Raum in die Fläche etwas von dem wiederspiegelt, was dem Verhältnis von Wirklichkeit und unserer Wahrnehmung von ihr analog ist, wurde dabei für sie zentral, sowie die Anwendung neuer Materialien für plastische Arbeiten.

 

Daraus entwickelte sie dann den Ansatz weiter, der den realen Raum zum Zeichenträger mutieren läßt, indem PVC-Schläuche oder wie hier, gerollte Gummiplatten und rote Kunststoffröhrchen, analog den gestischen Zeichen in der Fläche, in den Raum zeichnen. Die plastischen Arbeiten verweisen auf die Flächigen, deren formale Struktur wiederum sich in den Plastischen spiegelt.

So entstehen je nach Präsentationsort immer wieder neue Raumzeichnungen, Raumbeziehungen; besonders ansprechende wenn der Ausstellungsraum so hervorragend korrespondiert wie der frisch renovierte des Nürtinger Kunstvereins.

Hier zeigt sich aber auch der entscheidende Ansatz von Susanne Immers Arbeit: Hinter der nächsten Tür bricht sich der Ausschnitt Ausstellungsraum an der Gesamtheit Haus. Es gelingt uns, und es muß uns gelingen, für einen Moment diese in ihrer Präsenz zurücktreten zu lassen, um mit dem gegebenen Ausschnitt von Wirklichkeit entsprechend zurecht zu kommen, ihr einen Sinn zu geben. Dabei zeigt sich in der Kunst im besten Sinne modellhaft unsere Wahrnehmung von Teil und Ganzem.

Diese Verstricktheit von Ausschnitt und Totum, von Teil und Ganzem ist das zu Grunde liegende Movens in Susanne Immers Spiel mit Fragment und Teil, Linie und Fläche, rationaler und gestischer Form.

Ihre Einsicht, daß unsere Wahrnehmung von Wirklichkeit sich wie ein Sediment anlagert, genauso zufällig geschichtet, oder wie Fragmente sich gleichgültig aufreihen, ist somit auch eine in unser Verhältnis zur Wirklichkeit.

Letztendlich wird sehr deutlich, wie Susanne Immer in der konsequenten formalen Auseinandersetzung ihrem Anspruch gerecht werden will, die Dinge in ihrer Zufälligkeit so nüchtern und ernst zu nehmen wie sie sind, und ihre Kunst als die Möglichkeit zu nutzen dies augenfällig werden zulassen. Nicht mehr aber auch nicht weniger.